Als ich fortging, war’n die Arme leer
Kehr wieder um ...
Viele der älteren werden diese Lied noch kennen. Als die DDR noch existierte, war es gängiger Brauch der Hörer von „zeitgenössischer Musik“, sich allerlei aus den Texten heraus - oder in sie hineinzudenken.
„Als ich fortging, war’n die Arme leer ...“ Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, von Karussell.
Was bedeutet das: „war’n die Arme leer“?
Jemand ging fort - und war allein. Hatte alles zurückgelassen. So etwa? Ging er körperlich fort? Oder nur in Gedanken? Waren also vielleicht seine Gedanken das, was ihn allein, mit leeren Armen, dastehen ließ?
Wir, die Menschen, sind Gruppenwesen. Es mag hier und da einen „Jack London“ geben. Aber im Allgemeinen sind wir Gruppenwesen. Sozial, auf Beziehung und Nähe geeicht, von Liebe, Freundschaft und Achtung durch Andere abhängig. Und damit auch bereit, für Liebe, Freundschaft und Achtung durch die Gemeinschaft eigene Werte und Überzeugungen hintan zu stellen. Und das ist gut.
Solange eine Gemeinschaft existiert. Solange eine Gemeinschaft funktioniert. Funktionieren in dem Sinne, daß die Summe all dessen, was die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft einbringen, positiv ist. Positiv im Sinne von: „es nützt, in Summe, der Gemeinschaft“.
Was aber, wenn dem nicht mehr so ist? Was, wenn ich einbringe, aber nichts zurückbekomme? Wenn im
Gegenteil, meine Bereitschaft, etwas einzubringen, bestraft wird?
Weil ich nicht glaube, was die Masse zu „wissen“ meint? Weil ich erkenne, daß wir von Brosamen leben? Während andere sich von unserer Arbeit nähren?
Wasser predigen - und Wein saufen? Moral predigen - und selbst korrupt sind, bis ins Mark?
Weil meine Werte, Familie, Freundschaft, Ehrlichkeit, plötzlich „von gestern“ sind?
Weil ich in meiner „Nationalmannschaft“ kaum noch Spieler aus meiner Nation sehe?
Weil selbst das Wort Nation anrüchig geworden ist?
Weil das Zeigen von Flaggen aus meiner Vergangenheit zum „Delikt erklärt wird?
Und ich mir Sorgen mache, ob ich wenigstens meine aktuelle Nationalflagge noch zeigen darf? Wo doch „meine“ Kanzlerin ebendiese zu Boden warf.
Es wäre so einfach. Ich müßte nur mittun. Mit den anderen. Dann wäre ich wieder dabei.
Aber ich kann nicht. Nicht mehr. Es ist anstrengend.
Der Mensch ist als Lebewesen, als Säugetier, auf „ökonomischen“ Umgang mit seinen Kräften bedacht. Dazu muß man nicht studiert haben. Das machen Lebewesen einfach so. Mit dem Strom zu schwimmen, kostet weniger Kraft.
Aber was, wenn der Strom auf einen Abgrund zutreibt?
„Nichts ist von Dauer, was keiner recht will ...“
Oliver Schüller
Karussell - Als ich fortging
Dirk Michaelis - "Als ich fortging" Live im Palast der Republik am 01.04.1989
Arrangement: Joachim Schmeißer mit der Halleschen Philharmonie unter Leitung von Olaf Koch
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Weitere InformationenAls ich fortging war die Straße steil,
kehr wieder um.
Nimm an ihrem Kummer teil,
mach sie heil.
Als ich fortging war der Asphalt heiß,
kehr wieder um.
Red ihr aus um jeden Preis,
was sie weiß.
Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein.
Ich weiß du willst unendlich sein,
schwach und klein.
Feuer brennt nieder, wenn's keiner mehr nährt.
Kenn ja selber, was dir heut widerfährt.
Als ich fortging war'n die Arme leer,
kehr wieder um.
Mach's ihr leichter einmal mehr,
nicht so schwer.
Als ich fortging kam ein Wind so schwach,
warf mich nicht um.
Unter ihrem Tränendach
war ich schwach.
Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein.
Ich weiß du willst unendlich sein
schwach und klein.
Nichts ist von Dauer, was keiner recht will.
Auch die Trauer wird dann sein,
schwach und klein.